Warum ich als Linker gar nicht anders kann, als vegan zu leben

Ich bin links. Und ich bin vegan. Nicht aus Trend, nicht aus Zwang, nicht, weil’s irgendwo auf einem Jutebeutel stand, sondern weil es für mich logisch ist — politisch, ethisch und emotional. Für mich gehören diese beiden Haltungen zusammen wie Widerstand und Hoffnung, wie Protest und Vision.

Wenn Du Dich auch als links verstehst, lade ich Dich ein, gemeinsam mit mir über unsere Haltung zum Veganismus nachzudenken. Nicht, um Dich zu belehren, sondern um zu zeigen, warum ich überzeugt bin, dass ein linker Kompass ohne Mitgefühl für Tiere nicht vollständig justiert ist.



🌍 Linkssein heißt für mich: gegen jede Form der Ausbeutung

Wenn ich mich politisch links positioniere, dann deshalb, weil ich Ungleichheit, Unterdrückung und Ausbeutung nicht hinnehmen will. Ich glaube an eine Gesellschaft, in der Machtverhältnisse kritisch hinterfragt und Gerechtigkeit kollektiv gestaltet werden. Warum sollte ich diese Haltung bei Tieren plötzlich stoppen?

Die industrielle Tierhaltung ist für mich ein Paradebeispiel systematischer Ausbeutung: Milliarden empfindungsfähiger Lebewesen werden eingepfercht, misshandelt, ausgebeutet – allein für unseren Konsum. Dass das wirtschaftlich von Konzernen gesteuert und durch Subventionen politisch stabilisiert wird, macht es noch offensichtlicher: Das ist Kapitalismus in Reinform. Nur dass die Opfer nicht sprechen können.



🐄 Antispeziesismus: eine logische Verlängerung linker Ethik

Du kennst vielleicht den Begriff „Antispeziesismus“ – die Idee, dass wir nicht das Leid oder den Wert eines Wesens davon abhängig machen sollten, zu welcher Spezies es gehört. Für mich ist das kein radikaler Gedanke, sondern eine konsequente Fortsetzung dessen, was ich ohnehin glaube: Dass Machtstrukturen, die „die einen“ aufwerten und „die anderen“ entwerten, bekämpft gehören.

Wenn ich gegen Rassismus, Sexismus oder Klassismus kämpfe, warum sollte ich dann bei Tieren einen ethischen Cut machen? Wenn ich glaube, dass es falsch ist, jemanden auszubeuten, nur weil er schwächer, verletzlicher oder weniger mächtig ist — dann muss ich das auch auf Tiere anwenden.



🌱 Umweltgerechtigkeit ohne Veganismus? Für mich ein Widerspruch

Es ist kein Geheimnis mehr: Die Massentierhaltung gehört zu den größten Treibern der Klimakrise. Regenwälder werden gerodet, um Soja für Tierfutter anzubauen. Methanemissionen der Tierindustrie übersteigen die der gesamten Transportbranche. Gewässer, Böden, Luft – alles wird belastet.

Und wer leidet am meisten unter der Klimakatastrophe? Nicht die Verursacher:innen im globalen Norden, sondern oft Menschen im globalen Süden, die kaum Ressourcen haben, um sich zu schützen. Wenn ich mich für globale Gerechtigkeit einsetze, dann kann ich nicht wegsehen, wenn mein Essen auf Kosten anderer Menschen – und Tiere – entsteht. Vegan zu leben ist für mich gelebte Solidarität über Spezies- und Ländergrenzen hinweg.



🤝 Solidarität muss grenzenlos sein – auch über Arten hinweg

Wenn ich von Solidarität spreche, meine ich keine selektive. Ich meine sie radikal. Bedingungslos. Weil sie sonst ihren Wert verliert.

Ich kann nicht auf der Demo stehen und ein Schild mit „No justice, no peace“ hochhalten – und gleichzeitig Tierrechte ausklammern, weil sie mir unbequem sind. Ich kann nicht auf soziale Gleichstellung pochen und gleichzeitig billig produziertes Fleisch kaufen, bei dem Mensch und Tier unter der Produktion gelitten haben.

Für mich ist Veganismus nicht die Moralkeule, als die er oft dargestellt wird. Er ist ein Ausdruck von Mitgefühl, ein Akt der Verweigerung gegenüber einem System, das Profit über Leben stellt – ganz gleich, wessen Leben.



🛑 Aber ist das nicht dogmatisch?

Vielleicht denkst Du jetzt: „Aber Tim, willst Du etwa vorschreiben, wie ich als Linke:r leben muss?“ Nein. Ich will Dich nicht bevormunden. Ich will Dich herausfordern.

Wir Linke sind Expert:innen darin, kritische Fragen zu stellen. An Politik. An Wirtschaft. An Gesellschaft. Aber stellen wir sie auch an uns selbst? An unser Konsumverhalten? An unsere Gewohnheiten?

Ich glaube, genau da beginnt Veränderung: wenn wir bereit sind, uns selbst nicht aus der Verantwortung zu nehmen. Nicht perfekt, nicht fehlerlos, aber ehrlich bemüht, weniger Leid zu verursachen – selbst dann, wenn niemand zusieht.



🧠 Veganismus als täglicher Widerstand

Ich sehe Veganismus nicht als Lifestyle oder Askese. Sondern als täglichen Akt politischen Widerstands. Gegen ein System, das auf Ausbeutung basiert. Gegen das Gewöhnen an Gewalt. Gegen das Wegsehen, wenn andere leiden.

Und ja, das mag unbequem sein. Aber Veränderung war nie bequem. Die Arbeiter:innenbewegung war es nicht. Der Feminismus war es nicht. Die Bürgerrechtsbewegungen waren es nicht. Warum sollte die Tierrechtsbewegung es sein?



📣 Was ich mir wünsche

Wenn Du links bist, dann weiß ich: Du willst eine bessere Welt. Eine gerechtere, solidarischere, nachhaltigere Zukunft. Ich wünsche mir, dass wir diese Vision ausweiten. Dass wir anerkennen, dass Tiere Mitgeschöpfe sind, nicht Ressourcen. Dass wir Mitgefühl nicht auf unsere eigene Spezies beschränken.

Vielleicht fängst Du nicht gleich an, vegan zu leben. Aber vielleicht fängst Du an, Fragen zu stellen. Und vielleicht begreifst Du, so wie ich, dass es nicht um Verzicht geht – sondern um eine Ausweitung von Gerechtigkeit.



Fazit: Für mich ist Veganismus keine „Option“, wenn ich links bin. Er ist die logische Konsequenz. Und ich glaube, wir schulden uns selbst – und allen, die unter diesem System leiden – den Mut, diese Konsequenz zu leben.

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